|
Amicit |
Amicit bildet durch Anlagerung und Durchdringung
zweier Einzelkristalle auf (011) oder (110) Zwillinge (Bild1a-b). Durch
Rotation um 90° zweier Einzelkristalle und deren Durchdringung entsteht
eine seltene Zwillingsform (Bild 1c). Bereits von der Typlokalität
Höwenegg im Hegau, Deutschland, sind beide Formen bekannt. |
|
Bild
1: Amicit. a-b Anlagerungszwillinge, c Durchdringungszwilling. |
|
|
Analcim |
Analcim bildet für den Sammler nach
außen sichtbar keine Zwillingskristalle aus. Das Kristallgitter von
nichtkubischen Analcimen ist jedoch polysynthetisch lamellar auf (001)
und (110) verzwillingt. |
|
|
Brewsterit |
Zwillingsbildung ist bei Brewsterit nichts
ungewöhnliches. Es erfolgt eine Anlagerung zweier bis mehrerer Individuen
parallel der Spaltfläche {010}. Durch leichte Drehung der Einzelkristalle
gegeneinander entstehen keilförmige Teilkristalle des Zwillings bzw.
Mehrlings (Bild 2). |
|
Bild 2: Brewsterit. Zwillingsbildung
durch Anlagerung parallel {010}. |
|
|
Cancrinit |
Cancrinit kann selten, für den Sammler
unsichtbar, lamellar verzwillingt sein. |
|
|
Chabasit |
Chabasit hat neben Phillipsit und Harmotom die
interessantesten und formenreichsten Zwillingsgesetze. Bereits der einfache
pseudokubische Chabasit-Rhomboeder ist aus sechs triklinen Einzelkristallen
verzwillingt. Die Streifung auf den Rhomboederflächen, jede Fläche
zeigt zwei Einzelkristalle, ist das äußerlich sichtbare Zeichen
dieser Zwillingsbildung (Bild 3). |
|
Bild
3: Chabasit. Sechsfach verzwillingter Basiskristall. |
|
Bereits mit diesem Basiskristall werden
zwei weitere Verzwillingungen möglich: Anlagerungszwillinge zweier
Basiskristalle (Bild 4a-b) und Durchdringungszwillinge zweier Individuen,
davon eines um 60° um die c-Achse gedreht. Der in Bild 4c dargestellte
Chabasit-Durchdringungszwilling kommt zustande, wenn sich zwei unterschiedlich
große Basiskristalle durchdringen. |
|
Bild 4: Chabasit. a Anlagerungszwilling
aus zwei einfachen Rhomboedern, b Anlagerungszwilling aus zwei flächenreichen
Rhomboedern, c Durchdringungszwilling zweier ungleich großer Rhomboeder. |
|
Phakolith |
|
Bereits mit der Durchdringung zweier gleich
großer Chabasit-Rhomboeder, einer um 60° um die c-Achse gedreht,
entsteht die Urform eines jeden Phakolith-Kristalls (Bild 5). Phakolithe,
vom griechischen
phakos = Linse, sind eigentlich nichts als Durchdringungszwillinge
von Chabasit-Rhomboedern, wobei die Vielzahl von Ausbildungsformen (Bild
6) nur von den Flächenkombinationen der Basiskristalle abhängt.
Gemeinsames Merkmal ist ihr linsenförmiger Habitus. |
|
Bild 5: Chabasit. Phakolith
als Durchdringung zweier gleich großer Rhomboeder. |
|
Bild 6: Chabasit. Grundkristall
und Ergebnis als Phakolith. Verschiedene Flächenkombiantionen. |
|
Den Phakolith-Kristall, den der Sammler
meist zu Gesicht bekommt, hat nicht immer die einspringenden Kanten der
in Bild 6 dargestellten Phakolithe. Die einspringenden Kanten werden im
Laufe des Kristallwachstums oft durch winzige Chabasit-Rhomboeder aufgefüllt
(dunkelgrau in Bild 7). Dadurch entstehen die Pseudoflächen {1123}
(Bild 7b). |
|
Vom Herschelit, einer heute dem Chabasit-Na
zugeschlagenen Variante, sind bevorzugt scheibenförmige Kristalle
ähnlich Bild 7c bekannt. Es hat sich ebenfalls durch das Wachstum
von winzigen Chabasit- Rhomboedern die Pseudofläche {0001} ausgebildet. |
|
Selten sind sechsseitige Chabasit-Prismen,
die das Endstatium dieser Bildungsreihe sind. Die Basisflächen werden
von den Pseudoflächen {0001} gebildet, die Prismenflächen bestehen
aus einer Vielzahl von einspringenden Kanten, die von {0221}-Flächen
des Phakoliths her rühren. |
|
Bild 7: Chabasit. a Phakolith-
Grundkristall, b linsenförmiger Phakolith durch Mikrowachstum, c flach-linsenförmiger
Phakolith, pseudoprismatischer Phakolith. |
|
Bei Herbstein im Vogelsberg, Deutschland,
konnte ich noch eine weitere Zwillingsvariante beobachten: Durchkreuzungszwillinge,
-drillinge und -mehrlingen von Phakolith-Kristallen. Bei Drilling (Bild
8) durchdringen sich drei Phakolithe, von denen zwei um 90° um die
a- bzw. b-Achse gedreht sind. Mehrlinge sind durch unterschiedliche Drehwinkel
möglich. |
|
Bild
8: Chabasit. Phakolith-Durchkreuzungsdrilling. Herbstein, Vogelsberg, Deutschland. |
|
|
Dachiardit |
Bei Dachiardit ist polysynthetische Zwillingsbildung
auf (001) nichts ungewöhnliches, seltener dagegen auf (100). Dabei
kommen tafelige Kristalle mit ungewöhnlich gezackten Endflächen
heraus (Bild 9a). |
|
Etwas besonderes ist die Achtlingsbildung
von Dachiardit, die von der Typlokalität San Piero auf Ebla, Italien,
bekannt ist. Hier erfolgt die Zwillingsbildung auf (110) bzw. (110)
in einem Winkel von genau 45°48'. Acht Zwillinge bilden zusammen einen
Winkel von 366°24', das sind genau 6°24' zu viel, um exakt einen
Achtling auszubilden. Die in Bild 9b dargestellte Form ist idealisiert.
In Wirklichkeit bildet sich ein spiralförmig aufgebauter Zwillingskristall
aus. |
|
Bild 9: Dachiardit. a polysynthetische
Verzwillingung, b idealisiert dargestellter zyklischer Achtling. |
|
|
Edingtonit |
Edingtonit bildet selten Durchdringungszwillinge
von zwei Einzelkristallen, einer davon 90° um die c-Achse gedreht,
auf (110) aus (Bild 10). Durch seine einspringenden Kanten ähnelt
dieser Habitus kreuzförmigen Harmotom-Zwillingen. |
|
Bild
10: Edingtonit als kreuzförmiger Zwilling. |
|
|
Epistilbit |
Bereits der gewöhnliche Habitus von
Epistilbit ist eine Zwillingsbildung. Zwei auf (100) verzwillingte Kristalle
bilden einen pseudo-orthorhombischen Epistilbit (Bild 11a). |
|
Durch weitere Verzwilligung auf (110)
entstehen selten sehr flachfafelige Epistilbit-Zwillingskristalle (Bild
11b), die beinahe mit Yugawaralith verwechselt werden können. Ein
Fundort ist Big Tree Creek bei Yacolt, Washington, USA. |
|
Weitere Verzwilligung auf (110) und (100)
bei gleichzeitiger Drehung der Einzelkristalle läßt keil- bis
V- förmige Zwillingsformen entstehen (Bild 11c-d). |
|
Eine kreuzförmige Verzwillingung
konnte von mir am Lindenstumpf in der Rhön, Deutschland, beobachtet
werden. Zwei prismenreiche Epistilbit-Grundkristalle sind in X-Form durchwachsen
(Bild 11e). |
|
Bild 11: Epistilbit. a verzwillingter
pseudo-orthorhombischer Habitus, b abgeflachter Zwilling auf (110), c komplexer
Zwilling auf {110}, d V-förmiger Zwilling, e X-förmiger Zwilling
vom Lindenstumpf in der Rhön, Deutschland. |
|
|
Faujasit |
Faujasit verzwillingt nach dem Spinell-Gesetz
durch Anlagerung und Durchdringung zweier Einzelkristalle auf (111). Dies
ist bei Zeolithen so charakteristisch, dass man solche Zwillinge auch als
Erkennungsmerkmal für Faujasit heran ziehen kann. |
|
Bild
12: Faujasit, verzwillingt nach dem Spinell-Gesetz. |
|
|
Garronit |
Vor Garronit sind keine Zwillingskristalle
bekannt, die bereits vom Sammler erkannt werden könnten. Das Kristallgitter
ist jedoch auf (110) verzwillingt, wie Röntgenbeugung und optische
Betrachtungen einzelner Kristalle gezeigt haben. |
|
|
Gismondin |
Alle Gismondin-Kristalle sind bereits in
iher Grundform, der pseudotetragonalen Dipyramide, verzwillingt. Es ist
ein Durchdringungszwilling parallel (100), bei dem vier Kristallflächen
zum einen Kristall und vier Kristallflächen zum Zwillingskristall
gehören. In Bild 13 gehören zu einem Kristall zum Beispiel die
zwei grün dargestellten Flächen oben und die zwei nicht dargestellten,
da auf der Rückseite befindlichen Flächen unten. Eine weitere,
seltenere Zwillingsebene für diese Form ist (001). |
|
Bild
13: Gismondin. Verzwillingter Normalkristall. |
|
Durch Drehung zweier Gismondin-Normalkristalle
um wenige Grad um die c-Achse und anschließender Durchdringung entsteht
eine weitere Zwillingsform bei Gismondin, ein Vierling mit einspringenden
Kanten (Bild 14). |
|
Bild 14: Gismondin. Vierling
mit einspringenden Kanten. |
|
Die seltenste und interesanteste Zwillingsbildung
bei Gismondin entsteht durch Rotation eines Normalkristalls um 90° um
die a- oder b-Achse und gleichzeitiger Durchdringungen mit einem zweiten
Gismondin-Kristall (Bild 15). Kristalle mit diesem Habitus sind zum Beispiel
von Capo di Bove, Italien, bekannt. |
|
Bild
15: Gismondin. Komplexer Vierling. |
|
|
Gmelinit |
Gmelinit bildet an einigen Fundorten Zwillinge
auf (1011) aus (Bild 16). Diese Zwillingform ähnelt einem Durchdringungszwilling
zweier Normalkristalle, davon einer um 90° seitlich gedreht. Ein bekannter
Fundort für solche Zwillinge ist North Fork, Oregon, USA. |
|
Bild
16: Gmelinit. Zwilling auf (1011). |
|
|
Harmotom |
Harmotom ist zusammen mit Phillipsit einer
der Zeolithe mit den interessantesten Zwillingsgesetzen. |
|
Morvenit-Zwillingsgesetz |
|
Bereits der einfachste Kristall von Harmotom
ist immer verzwillingt, sogar vierfach. Dieser Vierling führt die
Bezeichnung Morvenit, benannt durch THOMSON 1836 für Kristalle von
Strontian in Schottland (Bild 17). Jeder Kristall ist aus vier Sektoren
aufgebaut, die kreuzweise zu den Zwillingsebenen {001} und {201} angeordnet
sind. Jeder Gesamtkristall zeigt die Flächen {010}, {001}, {110} und
{100}. Die Flächenstreifung auf {010} lässt die vier Sektoren
deutlich werden. Dass es sich bei den Kristallen um einen Morvenit-Zwilling
handelt, erkennt man an der Streifung auf den Flächen {110} in nur
einer Richtung parallel der zur Fläche {010} gerichteten Außenkante. |
|
Bild
17: Harmotom in der Grundform Morvenit. |
|
Perier-Zwillingsgesetz |
|
Perier-Zwillinge, benannt nach dem Phillipsit-Fundort
Perier in Frankreich, sind bereits Achtlinge. Sie sind das Ergebnis der
Durchdringung von zwei auf {010} abgeflachten Morvenit-Vierlingen, von
denen einer um 90° um die a-Achse gedreht ist. Im Ergebnis werden alle
Prismenflächen von {001} gebildet und zeigen keine Flächenstreifung.
Die Flächen {110} beinhalten jeweils Teile des einen und des anderen
Kristalls und weisen eine meist deutlich sichtbare, diagonal verlaufende
Zwillingsnaht auf; sie sind senkrecht zu den Prismenflächen {001}
gestreift. Bild 19a zeigt die am meisten gefundene Form ohne einspringende
Kanten, Bild 18 die Bildung eines Perier-Zwillings mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 18: Harmotom. Perier-Zwilling
mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 19: Harmotom. Perier-Zwilling,
weitere Formen. a ohne einspringende Kanten, b mit {100}. |
|
Marburg-Zwillingsgesetz |
|
Eine zweite Form von Achtling entsteht
nach dem Marburg-Zwillingsgesetz, benannt nach Phillipsit-Funden bei Marburg
in Hessen, Deutschland. Zwei auf {001} abgeflachte Morvenit-Zwillinge,
von denen einer um 90° um die a-Achse gedreht ist, durchdringen sich.
Beim Marburg-Zwilling werden alle Prismenflächen von {010} gebildet
und zeigen die Flächenstreifung von den vier Morvenit-Sektoren. Die
Flächen {110} beinhalten jeweils Teile des einen und des anderen Kristalls
und weisen eine meist deutlich sichtbare, diagonal verlaufende Zwillingsnaht
auf; sie sind parallel zu den Prismenflächen {001} gestreift. Bild
21a zeigt die am meisten gefundene Form ohne einspringende Kanten, Bild
20 die Bildung eines Marburg-Zwillings mit einspringenden Kanten. |
|
Marburg-Zwillinge mit einspringenden Kanten
wie in Bild 20, gefunden auf den Erzgängen von St. Andreasberg im
Harz, Deutschland, waren auch jene Kristalle, die im 18. Jahrhundert
dem Harmotom den Namen Kreuzstein einbrachten. |
|
Bild 20: Harmotom. Marburg-Zwilling
mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 21: Harmotom. Marburg-Zwilling,
weitere Formen. a ohne einspringende Kanten, b komplexe Form mit {100}. |
|
Stempel-Zwillingsgesetz |
|
Noch komplexere Zwillinge bzw. Drillinge
werden basierend auf dem Stempel-Zwillingsgesetz, benannt nach dem Phillipsit-Fundort
am Stempel bei Marburg, Hessen, Deutschland, gebildet. Das Stempel- Zwillingsgesetz
bezieht dabei Morvenit-Vierlinge wie auch Perier- und Marburg-Achtlinge
mit ein. Es entstehen dabei Achtlinge, Zwölflinge, Sechzehnlinge oder
Vierundzwanziglinge. |
|
Die Zwillingsbildung setzt in der einfachen
Form nach der a-Achse gestreckte Harmotom-Kristalle voraus, von denen zwei
oder drei sich jeweils nach der b- und c-Achse um 90° gedreht durchdringen.
Je nach den Ausgangskristallen können Stempel-Zwillinge (Bild 22a)
oder -Drillinge mit (Bild 22b) oder ohne einspringende Kanten entstehen.
Die gezeigten Flächen hängen von den Ausgangskristallen ab. |
|
Auch bei kurzprismatischen Harmotom-Kristallen
ist eine Zwillings- oder Drillingsbildung nach dem Perier- Gesetz möglich.
Die entstehende Kristallform ist im Endstatium dem Harmotom gar nicht mehr
ähnlich, sondern hat den Habitus eines Rhombendodekaeders. Nur die
Flächenstreifungen erinnern noch an Harmotom. |
|
Bild 22: Harmotom. a Stempel-Zwilling,
basierend auf zwei Morvenit-Vierlingen, b Stempel-Drilling mit einspringenden
Kanten, basierend auf drei Perier-Zwillingen, c-d fortschreitende Dominanz
von {110}, e rhombendodekaedrischer Habitus nur mit {110}. |
|
|
Laumontit |
Laumontit bildet gewöhnlich Zwillinge
auf (100) in Schwalbenschwanz- oder V-Form aus (Bild 23). Einige komplexere
Schwalbenschwanz-Zwillinge von Bishop, Kalifornien, USA, zeigt Bild 24. |
|
Bild
23: Laumontit. Zwillingsbildung auf (100). |
|
Bild
24: Laumontit. Komplexe Schwalbenschwanz-Zwillinge. |
|
|
Leucit |
Bei Leucit ist Zwillingsbildung auf {110}
nichts ungewöhnliches und kann sogar mehrfach vorkommen. |
|
|
Levyn |
Jeder als dünnes hexagonales Täfelchen
auftretende Levyn (Bild 25a) ist bereits verzwillingt. Er besteht aus sechs
Sektoren die eigentlich je einen Rhomboeder repräsentieren, von dem
nur die Fläche {1011}, bei Kristallen mit den typischen einspringenden
Kerben auch die Flächen {1102} und {0112} übrig
geblieben sind. Dies veranschaulicht am besten Bild 25b. Kristalle ähnlicher
Ausbildung sind vom Elk Mountain, Washington, USA, bekannt. |
|
Bild 25: Levyn. a gewöhnlicher,
sechsfach verzwillingter Habitus, b komplexe Verzwillingung aus Rhomboedern. |
|
|
Melanophlogit |
Bereits in Abbildungen des Erstautors
werden Durchdringungszwillinge von Melanophlogit gezeigt. Ein zweiter Kristall
durchdringt den ersten verdreht (Bild 26). |
|
Bild 26: Melanophlogit. Kristalle
auf ged. Schwefel. Agrigento, Sizilien, Italien. |
|
|
Merlinoit |
Von Merlinoit sind Durchdringungszwillinge
bekannt, bei denen ein Kristall um 90° um die c-Achse gedreht einen
zweiten durchdringt (Bild 27). Ein nachgewiesener Fundort ist der Gaulsberg
bei Ortenberg im Vogelsberg, Deutschland. |
|
Bild
27: Merlinoit. Durchdringungszwilling. |
|
|
Mordenit |
Von Mordenit ist eine Zwillingsbildung
parallel der c-Achse nichts ungewöhnliches. |
|
|
Phillipsit |
Phillipsit ist zusammen mit Harmotom einer
der Zeolithe mit den interessantesten Zwillingsgesetzen. |
|
Morvenit-Zwillingsgesetz |
|
Bereits der einfachste Kristall von Phillipsit
ist immer verzwillingt, sogar vierfach. Dieser Vierling führt die
Bezeichnung Morvenit, benannt durch THOMSON 1836 für Harmotom-Kristalle
von Strontian in Schottland (Bild 28). Jeder Kristall ist aus vier Sektoren
aufgebaut, die kreuzweise zu den Zwillingsebenen {001} und {201} angeordnet
sind. Jeder Gesamtkristall zeigt die Flächen {010}, {001}, {110} und
{100}. Die Flächenstreifung auf {010} lässt die vier Sektoren
deutlich werden. Dass es sich bei den Kristallen um einen Morvenit-Zwilling
handelt, erkennt man an der Streifung auf den Flächen {110} in nur
einer Richtung parallel der zur Fläche {010} gerichteten Außenkante. |
|
Bild
28: Phillipsit in der Grundform Morvenit. |
|
Perier-Zwillingsgesetz |
|
Perier-Zwillinge, benannt nach dem Phillipsit-Fundort
Perier in Frankreich, sind bereits Achtlinge. Sie sind das Ergebnis der
Durchdringung von zwei auf {010} abgeflachten Morvenit-Vierlingen, von
denen einer um 90° um die a-Achse gedreht ist. Im Ergebnis werden alle
Prismenflächen von {001} gebildet und zeigen keine Flächenstreifung.
Die Flächen {110} beinhalten jeweils Teile des einen und des anderen
Kristalls und weisen eine meist deutlich sichtbare, diagonal verlaufende
Zwillingsnaht auf; sie sind senkrecht zu den Prismenflächen {001}
gestreift. Bild 30a zeigt die am meisten gefundene Form ohne einspringende
Kanten, Bild 29 die Bildung eines Perier-Zwillings mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 29: Phillipsit. Perier-Zwilling
mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 30: Phillipsit. Perier-Zwilling,
weitere Formen. a ohne einspringende Kanten, b mit {100}. |
|
Marburg-Zwillingsgesetz |
|
Eine zweite Form von Achtling entsteht
nach dem Marburg-Zwillingsgesetz, benannt nach Phillipsit-Funden bei Marburg
in Hessen, Deutschland. Zwei auf {001} abgeflachte Morvenit-Zwillinge,
von denen einer um 90° um die a-Achse gedreht ist, durchdringen sich.
Beim Marburg-Zwilling werden alle Prismenflächen von {010} gebildet
und zeigen die Flächenstreifung von den vier Morvenit-Sektoren. Die
Flächen {110} beinhalten jeweils Teile des einen und des anderen Kristalls
und weisen eine meist deutlich sichtbare, diagonal verlaufende Zwillingsnaht
auf; sie sind parallel zu den Prismenflächen {001} gestreift. Bild
32a zeigt die am meisten gefundene Form ohne einspringende Kanten, Bild
31 die Bildung eines Marburg-Zwillings mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 31: Phillipsit. Marburg-Zwilling
mit einspringenden Kanten. |
|
Bild 32: Phillipsit. Marburg-Zwilling,
weitere Formen. a ohne einspringende Kanten, b komplexe Form mit {100}. |
|
Stempel-Zwillingsgesetz |
|
Noch komplexere Zwillinge bzw. Drillinge
werden basierend auf dem Stempel-Zwillingsgesetz, benannt nach dem Phillipsit-Fundort
am Stempel bei Marburg, Hessen, Deutschland, gebildet. Das Stempel- Zwillingsgesetz
bezieht dabei Morvenit-Vierlinge wie auch Perier- und Marburg-Achtlinge
mit ein. Es entstehen dabei Achtlinge, Zwölflinge, Sechzehnlinge oder
Vierundzwanziglinge. |
|
Die Zwillingsbildung setzt in der einfachen
Form nach der a-Achse gestreckte Phillipsit-Kristalle voraus, von denen
zwei oder drei sich jeweils nach der b- und c-Achse um 90° gedreht
durchdringen (Bilder 33 und 34). Je nach den Ausgangskristallen können
Stempel-Zwillinge oder -Drillinge mit (Bild 35b) oder ohne einspringende
Kanten entstehen. Die gezeigten Flächen hängen von den Ausgangskristallen
ab. |
|
Bild 33: Phillipsit. a Stempel-Zwilling
basierend auf zwei Morvenit-Vierlingen, b Stempel-Drilling basierend auf
drei Perier-Zwillingen. |
|
Bild 34: Phillipsit. Bildung
eines Stempel-Drillings basierend auf drei Morvenit-Vierlingen. |
|
Auch bei kurzprismatischen Phillipsit-Kristallen
ist eine Zwillings- oder Drillingsbildung nach dem Perier- Gesetz möglich.
Die entstehende Kristallform ist im Endstatium dem Phillipsit gar nicht
mehr ähnlich, sondern hat den Habitus eines Rhombendodekaeders. Nur
die Flächenstreifungen erinnern noch an Phillipsit. |
|
Bild 35: Phillipsit. a Stempel-Zwilling,
basierend auf zwei Morvenit-Vierlingen, b Stempel-Drilling mit einspringenden
Kanten, basierend auf drei Perier-Zwillingen, c-d fortschreitende Dominanz
von {110}, e rhombendodekaedrischer Habitus nur mit {110}. |
|
|
Sodalith |
Bei Sodalith sind Zwillingsbildungen auf
{111} verbreitet. |
|
|
Skolezit |
Bei Skolezit ist eine Verzwillingung auf
(100) nichts ungewöhnliches, selten jedoch auf (001) und (110). Gerade
die Zwillinge auf (100) mit ihrer V-förmigen Flächenstreifung
auf {010} sind ein unverkennbares Bestimmungsmerkmal für Skolezit.
Bekannt wurden diese Zwillinge durch eine Veröffentlichung vom Das
Antas Tunnel in Brasilien. Ähnliche Kristalle geben auch die indischen
Vorkommen her. |
|
Bild
36. Skollezit. Zwillingsnadel mit der typischen V-förmigen Flächenstreifung. |
|
|
Stilbit |
Stilbit-Kristalle sind immer verzwillingt,
ähnlich den kreuzförmigen Durchdringungszwillingen bei Phillipsit
und Harmotom. Dabei werden im Kristall acht Sektoren ausgebildet, die teilweise
orthorhombisch und teilweise moniklin auskristallisiert sein können.
Die Sektoren sind zudem unterschiedlich in vier Richtungen ausgerichtet.
Dabei haben sich scharfe Kontaktebenen auf (101) und (101) und unscharfe
Kontaktebenen auf (100) und (001) ausgebildet. |
|
Bild 37: Stilbit. Darstellung
eines Achtlings. Grau die unscharfen Kontaktebenen auf (100) und (001). |
|
|
Thomsonit |
Bei Thomsonit ist eine Verzwillingung
auf (110) und (041) nichts ungewöhnliches. Bei der Zwillingsbildung
auf (110) entsteht ein kreuzförmiger Kristall, wie er ähnlich
von Phillipsit und Harmotom bekannt ist. Bild 38 zeigt einen komplexen
Zwillingskristall vom Yellow Lake, British Columbia, Kanada. |
|
Bild 38: Thomsonit. Kreuzförmiger
Zwilling auf (110) mit komplexem, flächenreichem Habitus. |
|
|
Tschernichit |
Tschernichit ist gerne verzwillingt. Zwillingsebenen
sind (302), (101) und (304) (Bild X39a-c). Häufig sind auch Mehrfachzwillinge,
die wie igelförmige Kristallgruppen aussehen (Bild 39d). Selten hingegen
sind zyklische, radförmig aussehende Zwillinge. |
|
Bild 39: Tschernichit. a
Zwillingsbildung auf (302), b auf (101), c auf (304), d Mehrfach- zwilling
auf (101). |
|
|
Wairakit |
Wairakit bildet für den Sammler nach
außen sichtbar keine Zwillingskristalle aus. Das Kristallgitter von
monoklinen Wairakiten ist jedoch lamellar auf {110} verzwillingt. Dies
wird an Dünnschliffen unter dem Polarisationsmikroskop sichtbar. |
|
|
Willhendersonit |
Bei Willhendersonit ist ein Durchdringungszwilling
oder -drilling nichts ungewöhnliches. Zwei oder drei Kristalle durchdringen
sich um 90° um die a- und b-Achse gedreht kreuzweise. |
|
Bild 40: Willhendersonit.
Durchkreuzungsdrilling. |
|